Wie du Schocks verarbeitest: Die Change-Kurve im Kinderwunsch.

Oft genug sind wir in der Kinderwunschzeit mit Situationen konfrontiert, die uns schocken. Eine unerwartete Laborauswertung. Eine weitreichende Diagnose. Eine Fehlgeburt….

Unsere Reaktionen auf diese Schock-Nachrichten laufen immer in ähnlichen Phasen ab. Die Change-Kurve ist ein Modell, das dir hilft, mit dem Kopf zu verstehen, was emotional bei dir passiert. So kannst du dir selbst helfen, besser mit Rückschlägen umzugehen – und deine Reaktionen sogar zu antizipieren.

Wenn ich Frauen nach Themenwünschen frage, höre ich sehr oft die Bitte nach Tipps dazu, wie sie mit Rückschlägen und Herausforderungen auf dem Kinderwunschweg umgehen können. 

Deshalb möchte ich dir heute ein Tool vorstellen, dass mir selbst schon unglaublich viele Ahas beschert hat. Ich habe es auch auf Instagram schon in ein, zwei Posts vorgestellt, aber heute werde ich detaillierter durch die Phasen durchgehen. 

Die Rede ist von der sogenannten Change-Kurve. Die Change-kurve ist ein super wertvolles Tool, um mit dem Kopf zu verstehen, durch welche Phasen ich emotional durchgehe, wenn ich z.B. schockierende Nachrichten bekomme oder durch ganz fundamentale Veränderungsprozesse durchgehe

Bei mir selbst sind diverse Lampen angegangen, als ich sie in der Coaching-Ausbildung das erste Mal gesehen habe. Inzwischen ist sie aber auch ein fester Bestandteil in meinen 1:1-Coachingbegleitungen und hat schon vielen Frauen geholfen. Der Wert liegt meiner Meinung nach daran, etwas zu sehen und zu strukturieren, das sich in deinem Kopf nach sehr viel Chaos und Hilflosigkeit anfühlt. 

Sie kann also auch dir gute Dienste leisten – aber bevor wir ins Thema einsteigen, lass‘ mich dir bitte noch sagen: Da es hier um die Dinge geht, die in dir einen Schock auslösen können, wird es um Herausforderungen auf dem Kinderwunschweg gehen wie z.B. schockierende Diagnosen oder Fehlgeburten. Bitte wappne dich daher innerlich für diese Themen, da dich das natürlich triggern kann. 

Das nur sicherheitshalber.

Grundsätzlich kannst du die Changekurve nutzen, um dir selbst in einer Akutsituation zu helfen und dich besser zu verstehen – oder auch, um eine Situation rückblickend für dich zu verarbeiten. Bei beidem hilft sie. Es kann nur eben sein, dass bei frischen Verletzungen das Gesagte bei dir stärkere Reaktionen auslöst.

 

Woher stammt die Change-Kurve?

Entwickelt wurde das Modell von Elisabeth Kübler-Ross, einer schweizerisch-US-amerikanischen Psychiaterin und Sterbeforscherin.

Ihr Ziel war es, von den Sterbenden zu lernen, wie man mit ihnen umgehen sollte und welche Hilfe sie sich erhoffen. Zu diesem Zweck interviewte sie 200 unheilbar kranke Menschen, und dabei legte sie den Fokus vor allem auf ihren Gefühle und Gedanken zum Tod und zum Sterben. 

Dieses Modell wurde im Laufe der Zeit immer wieder von den verschiedensten Seiten angepasst und generell auf Veränderungsprozesse angewendet. Und ich möchte dir nun hier zeigen, wie dir die Change-Kurve auf deinem Kinderwunschweg helfen kann. Denn ich finde, sie kann gerade in bei so einem emotionalen Thema durch ihre Einfachheit ganz viel klar machen.

Bezogen auf den Kinderwunsch kannst du die Changekurve nutzen, um dir z.B. bewusst zu machen, wie der Trauerprozess um das klassische Familienmodell abläuft. Oder um dir bewusst zu machen, was bei dir selbst – oder vielleicht auch bei deinem Partner – innerlich abläuft, wenn einer von euch eine medizinische Diagnose bekommt, mit der niemand gerechnet hat.

Oder wenn es wirklich um den Verlust eines Babys geht oder die Nachricht, dass etwas gesundheitlich nicht in Ordnung ist…. bei dir – oder dem Baby.

Ich beschreibe dir jetzt erstmal in kurzen Worten die verschiedenen Phasen, damit du ein Bild vor Augen hast. Anschließend schauen wir uns diese Phasen im Detail an – und besprechen natürlich auch, was du jeweils in diesen Phasen tun kannst, um dich zu stärken und da jeweils gut durchzukommen

Die Phasen der Change-Kurve, also der Veränderungskurve, beginnen IMMER mit einem Auslöser, nämlich dem Veränderungsanstoß.

Anschließend durchlaufen wir folgende Phasen:

  • Schock / Angst / Konfusion
  • Leugnen / Verweigerung
  • Wut
  • Feilschen
  • Depression
  • Alternativen testen
  • Hineinfinden
  • Akzeptieren

 

Der Veränderungsanstoß

Der Veränderungsanstoß ist der Moment, in dem du von außen eine Information bekommst, die dich und deinen weiteren Lebensweg zwangsläufig in massiv beeinflussen und verändern wird.

Das kann eine Schocknachricht sein, z.B. wenn du vom Tod eines geliebten Menschen erfährst. Oder auch der Moment, wenn dir in der Kinderwunschklinik gesagt wird, dass deine Werte es sehr unwahrscheinlich machen, dass du noch schwanger werden kannst. Oder auch der Moment, wenn beim Ultraschall festgestellt wird, dass mit deinem Baby etwas nicht stimmt…

Das sind auch sogenannte Blitzlichtmomente. Diese Momente in unserem Leben sind so allumfassend und auf so vielen Ebenen überwältigend, dass wir uns für den Rest unseres Lebens an diese Situation erinnern können. Und auch die Gefühle nachempfinden können, die uns in diesem Moment überwältigt haben.

Es gibt solche Blitzlichtmomente auch auf kollektiver Ebene. Ein Extrembeispiel sind z.B. die Anschläge vom 11. September 2001. Fast jeder Mensch im Erwachsenenalter kann sich daran erinnern, wo er war, als er von den Anschlägen erfahren hat.

Für dich persönlich heißt dieser Moment der Nachricht, dass du relativ kurz danach in die erste Phase eintauchst, nämlich in den Schock.

Der Schock

Der Schock ist ein passiver Zustand, daher rauschst du, wenn du die Linie in der Abbildung weiter unten betrachtest, erstmal in den Keller.

Dieser Schock geht häufig sofort mit einer riesengroßen Angst einher, je nachdem, wie gut wir die Situation umfassen können. Das kann Angst um dich sein oder natürlich Angst um dein Baby.

Das ist eine ganz tiefe, eine ganz umfassende Angst, denn dein System ist zutiefst verunsichert, was diese Nachricht, die du da gerade erfahren hast, für dich bedeutet.

Deshalb ist ganz eng mit dieser Angst die Konfusion verbunden. In rasender Geschwindigkeit versucht dein Kopf, Lösungen zu finden und wirft ganz viele Bilder von möglichen Szenarien an, die in Höchstgeschwindigkeit durch dich durch sausen und versuchen, irgendwo an was Bekanntes anzudocken, an eine Erfahrung, die dir jetzt hilft, damit klarzukommen – aber ist gleichzeitig total überfordert.

Denn durch die Nachricht werden gleichzeitig enorme Mengen Stresshormone in dein System gekippt, was dazu führt, dass du möglicherweise laut und panisch wirst (Kampfmodus) oder das Gefühl hast, nur noch weg zu wollen, nur raus aus dieser Situation (das ist der Fluchtmodus) oder du erstarrst. Kompletter Freeze, du kannst nicht mehr denken, nicht mehr reagieren, du bist wie abgeschnitten von dir. Dieser Stress und diese Angst und die Konfusion rührt daher, dass dein System keine Antwort findet, keine Lösung. Diese Schocknachricht verursacht enorme Verunsicherung.

Deswegen schaltet dein Kopf möglicherweise recht schnell in die nächste Phase: die Leugnung.

 

Die Leugnung bzw. Verweigerung

Du bist so überwältigt von dem, was du fühlst, dass dein Kopf die ganze Zeit sagt „Nein, das kann nicht sein, das kann nicht sein.“ Das ist eine aktivere Phase, deshalb rutschst du auf der Linie wieder etwas nach oben.

Dein Kopf versucht, Gründe zu finden, warum die aktuelle Situation nicht so sein kann, wie sie ist. Teilweise kommen dann auch Dinge hervor, die nicht wirklich logisch sind, aber es ist eben der Versuch deines Systems, mit den krassen Emotionen klarzukommen.

Dein Kopf sagt Dinge wie „Aber ich hab doch letzte Woche noch mit der Person gesprochen“ oder „Aber ich hätte doch merken müssen, dass was nicht stimmt“ oder was auch immer.

Während dein Kopf innerlich Argumente sucht und damit verhindern will, dass deine Emotionen dich außer Gefecht setzen, kommst du mehr oder weniger schnell aber bereits in die nächste Phase. Die Wut.

 

Die Wut

Die Wut ist der Versuch deines Systems, die Kontrolle zurückzugewinnen. Und je mehr sich die Wut in dir aufbaut, desto aktiver wirst du – das ist ein ganz expressives, aktives Gefühl, das fühlt sich oft auch richtig heiß an.

In dieser Phase versuchst du, wieder die Zügel in die Hand zu bekommen – und dabei hilft dir deine Wut.

Wütend zu sein ist ein unglaublich starker Motor in Veränderungsprozessen, aber die Wut ist nicht alleine da.. Mit der Wut einher gehen auch Gefühle wie Ungerechtigkeitsempfinden, tiefe Trauer, dieses „Warum ich? Warum bei mir?“ Das ist ein intensiver Gefühlsstrudel, der wie gesagt aus verschiedenen Gefühlen besteht, und hier hilft es dir, die Wut voll auszuleben.

Wut kann länger andauern, aber meist beginnen wir sehr schnell damit, innerlich ins Verhandeln, ins Feilschen zu gehen.

Und das ist die nächste Phase.

Feilschen

Wenn die Wut ein wenig nachlässt, versuchen wir innerlich, die Auswirkungen zu minimieren, die mit der Schocknachricht einher gehen. 

Unser Kopf schickt uns Gedanken wie „Vielleicht ist es ja gar nicht so schlimm“ oder „Andere Frauen mit den Werten haben doch auch Kinder bekommen“ oder auch „Ich hole mir eine zweite Meinung ein“, verbunden mit der Hoffnung, dass sich dann alles relativiert.

Dieses Feilschen ist weniger aktiv als die Wut, deshalb geht es hier ein Stück nach unten auf der Linie in der Abbildung unten.

Wenn wir nach einer Weile aber den Tatsachen mehr und mehr ins Auge sehen und wir noch weiter nach unten rutschen, kommen wir an in der Depression.

Feilschen

Wenn die Wut ein wenig nachlässt, versuchen wir innerlich, die Auswirkungen zu minimieren, die mit der Schocknachricht einher gehen. 

Unser Kopf schickt uns Gedanken wie „Vielleicht ist es ja gar nicht so schlimm“ oder „Andere Frauen mit den Werten haben doch auch Kinder bekommen“ oder auch „Ich hole mir eine zweite Meinung ein“, verbunden mit der Hoffnung, dass sich dann alles relativiert.

Dieses Feilschen ist weniger aktiv als die Wut, deshalb geht es hier ein Stück nach unten auf der Linie in der Abbildung unten.

Wenn wir nach einer Weile aber den Tatsachen mehr und mehr ins Auge sehen und wir noch weiter nach unten rutschen, kommen wir an in der Depression.

Depression - das "Tal der Tränen"

Diese Phase wird deshalb auch das „Tal der Tränen“ genannt, weil zum einen erst an dieser Stelle wirklich die Trauer einsetzt. Und weil es zum anderen sehr individuell ist, wie lange man hier verweilt.

Diese Phase ist der dunkelste Punkt auf dem Weg und deshalb werden wir uns diese Phase nachher auch besonders intensiv anschauen

Es ist nochmal wichtig zu betonen, dass keinerlei Voraussage möglich ist, wie lange diese Phase dauert. Es können Tage sein – oder Monate und Jahre. 

Aber dazu gleich mehr. 

Wenn wir dann aber wieder mehr Kraft in uns finden, wenn wir wieder vorsichtig nach vorne schauen können – erst dann sind wir bereit, überhaupt über Alternativen nachzudenken. 

Deshalb heißt der nächste Punkt, der sich wieder auf einer nach oben gerichteten Linie findet…

Alternativen testen

Dieses Testen muss noch nicht in der Realität stattfinden – es geht darum, dies erstmal im Kopf zuzulassen.

Das ist bspw. der Fall, wenn wir beginnen, uns mit der Solomutterschaft als alternativem Familienmodell intensiver auseinanderzusetzen – und uns so langsam vorstellen können, dass as auch für uns ein Weg sein könnte. 

Das ist auch der Fall, wenn ihr als Paar schon länger versucht, ein Kind zu bekommen und ihr nun anfangt über Tests und den Besuch einer Kinderwunschklinik zu sprechen

Das ist auch der Fall, wenn ich nach einer Fehlgeburt darüber nachdenke, wann ich mit dem nächsten Versuch starten kann. 

Man findest sich so langsam in die Möglichkeit hinein, dass es weiter geht – und dass es vielleicht anders weitergeht als ursprünglich geplant. Allerdings ist das kein Weg, der immer nur steil bergauf führt. In dieser Phase sind immer wieder Rückschläge möglich. Situationen, in denen dich der Mut verlässt und du in deiner Energie stagnierst.

Grundsätzlich aber geht es voran, und im weiteren Verlauf nimmt dieses Hineinfinden an Fahrt auf. Deswegen findet sich weiter oben auf der aufsteigenden Linie die nächste Phase:

Hineinfinden

Diese Phase ist die Fortsetzung dessen, was sich in der vorherigen Phase bereits angedeutet hat. 

Diese Phase ist deutlich mehr im aktiven Bereich (also weiter oben), d.h. hier geht es darum, nun auch konkrete Schritte zu unternehmen, Termine auszumachen, mit anderen Menschen über die eigenen Gedanken zu sprechen, sodass sie realer werden – und so Stück für Stück in die Umsetzung zu gehen. 

Und mit dieser Umsetzung, mit diesen konkreten Schritten einher geht auch das… 

Akzeptieren

Diese Phase ist im komplett aktiven Bereich, denn das Akzeptieren beinhaltet Energie und Entschlossenheit für deinen alternativen Weg.

Für mein eigenes Leben kann ich sagen, und vielleicht stimmst du mir da zumindest für andere Lebensbereiche zu: ganz oft ist es so, dass sich an dieser Stelle hier beim „Akzeptieren“ oft auch noch anschließt: Es ist sogar besser so als ich es ursprünglich geplant habe. 

Selbstverständlich klammere ich bei dieser Aussage all das aus, was mit dem Verlust von geliebten Menschen zu tun hat, geborenen und noch ungeborenen..

Aber bei vielen anderen Dingen – ob bei Jobs, die man nicht bekommen hat, oder bei Partnern, von denen man sich getrennt hat oder auch bei anderen wichtigen Entscheidungen: ganz oft stellt sich im Nachhinein heraus, dass es gut so war, dass wir diesen Rückschlag hinnehmen mussten – weil sich daraus etwas besseres ergeben hat.

Verlauf Change-Kurve im Kinderwunsch

Aber, was mir bei den jetzt hier genannten Phasen nochmal wichtig ist zu betonen:

Es handelt sich um ein Modell, d.h. es ist ein Hilfsmittel für ein besseres Verständnis, aber selbstverständlich ist jeder Mensch individuell. Das heißt, die Phasen sind unterschiedlich lang – manche Menschen gehen innerhalb weniger Stunden durch eine bestimmte Phase – bei anderen dauert es Wochen und Monate. 

Und das ist keine Bewertung!

Wie gut wir uns selbst halten können hat mit unserer aktuellen Konstitution zu tun (z.B. wie überlastet und gestresst unser System eh schon ist oder ob wir im Vollbesitz unserer Kräfte sind), hat aber auch mit unserem ganzen innerlichen System zu tun, das sich schon unser ganzes Leben lang durch unsere Erfahrungen und all das, was wir gelernt haben, aufgebaut hat.

Es hängt davon ab, welche Glaubenssätze wir haben, welche Einstellungen wir haben, wie fest bestimmte Vorstellungen in uns verankert sind, usw. Denn es geht ja darum, innerlich durch einen Veränderungsprozess zu gehen, und manche Dinge brauchen Zeit, bis wir überhaupt erstmal akzeptieren können, dass wir diese Dinge ändern müssen, wenn wir unser Ziel erreichen wollen, um dann Lösungen zu finden, wie wir das überhaupt anstellen sollen, dass wir uns verändern. 

Im Zusammenhang mit diesem Veränderungsprozess ist ein weiterer wichtiger Punkt, dass in dir Unsicherheit ausgelöst wird. Vollkommen nachvollziehbar. Du musst mit Situationen umgehen, die bisher noch nie erlebt hast, auf die du dich wenig bis gar nicht vorbereiten konntest und denen du dich oft genug hilflos ausgeliefert fühlst.

Diese Unsicherheit wiederum führt dazu, dass dein System gestresst ist. Und über die Auswirkungen von Stress haben wir ja schon sehr ausführlich in Podcastfolge 4 gesprochen. Wenn du die noch nicht gehört hast: die ist eine super Ergänzung zur heutigen Folge.

Denn dein System setzt alles daran, dich in Sicherheit zu bringen. Und deshalb führt das in diesem Veränderungsprozess dazu, dass du dich selbst immer wieder ausbremst.

  • Beispiel: du erfährst, dass deine Hormonwerte schon so weit abgesunken sind, dass du schnellstmöglich loslegen solltest. Du weißt vom Kopf her, dass das auch wirklich wichtig ist – aber die Nachricht ist so ein Schock und versetzt dich so in Unsicherheit, dass du dich nicht hinsetzt, um nachzudenken und konkrete Pläne zu machen und die offenen Punkte zu klären, die möglicherweise noch geklärt werden müssen – nein, du sitzt auf dem Sofa, deine Serie läuft in Dauerschleife und du scrollst wie verrückt durch Social Media – weil dein System dich mit dem Dopaminkick versucht, wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Das sind die Zusammenhänge! Daran siehst du, wie unglaublich komplex dieses Kinderwunschthema ist.

Es geht um immer neue Informationen, die Veränderungsprozesse in dir bewirken, es geht um den Stress in dir – und wie dein Körper versucht, damit klar zu kommen.

Aber wir haben ja zu all dem auch noch sehr heftige Gefühle. Und es ist ganz wichtig anzuerkennen, dass all deine Emotionen in diesem Prozess wichtig sind und ihre Berechtigung haben. Denn unsere Emotionen sind ein Ausdruck unserer Bedürfnisse, sie sind ein Wegweiser, und daher ist jedes Gefühl wichtig!

Egal ob das Gefühle sind, die gemeinhin als positiv bezeichnet werden, wie Freude, Optimismus oder Ausgeglichenheit – oder ob das vermeintlich negative Gefühle sind wie Neid, Scham, Schuld oder Wut.

Es geht darum, dich mithilfe dieses Tools, dieser Change-Kurve, besser zu verstehen und dir damit auch zu ermöglichen, liebevoller und verständnisvoller mit dir selbst umzugehen und auf dich zu reagieren. Denn wir tendieren leider dazu, uns selbst nicht wichtig genug zu nehmen und versuchen, den Kinderwunsch und all das, was an krassen Emotionen damit einhergeht – irgendwie in unser eh schon volles Leben zu quetschen – statt ihm Raum zu geben. Und damit auch den Gefühlen, die mit all diesen Phasen einhergehen!

Was kannst du nun konkret tun, in jeder einzelnen Phase, um dich selbst zu stärken?

Die erste Phase nach dem Veränderungsanstoß, nach der Schocknachricht, ist eben der Schock.

In dieser Phase ist es am wichtigsten, dass du Raum und Abstand hast, um überhaupt erst mal die Nachricht sacken zu lassen und bei dir ankommen zu lassen.

Raum und Abstand heißt, dass dir wirklich einen Kokon um dich schaffst und dich abgrenzt gegen all das, was jetzt zu viel ist.

D.h. lass dich zum Beispiel länger krankschreiben. Und zwar ohne schlechtes Gewissen deinem Arbeitgeber gegenüber.

Lass‘ nur wirklich die Menschen in deinen Kokon, die dir guttun. Wenn du z.B. eine Fehlgeburt zu verkraften hast und du hörst aus deinem Umfeld nur Sprüche wie „Es wird schon zu was gut gewesen sein“, dann kommuniziere klar, dass du das vom Kopf her selber weißt, aber dass dir das emotional gerade gar nicht hilft. Und wenn du kein Verständnis für deine Situation bekommst, dann sag auch ganz klar, dass du die nächsten Tage (oder länger) erstmal für dich sein willst.

Raum heißt vor allem auch Zeit. Nimm‘ dir die Zeit, auch wenn du unter riesigem Zeitdruck stehst. Aber es ist OK, einfach mal dich und deine Emotionen in den Vordergrund zu stellen und nicht wie eine Maschine nach maximal 3 Tagen wieder zu funktionieren.

Das ist oft nicht leicht. Im Falle einer Fehlgeburt kommen Ärzte oft mit dem Argument, dass der Körper nun schon auf eine Schwangerschaft vorbereitet ist und es daher wahrscheinlicher sein kann, dass es im nächsten Versuch gleich wieder klappt. Die Frage ist: kommst du da emotional hinterher?

Und diese Frage kannst nur du beantworten! Du entscheidest für dich! Das ist ganz wichtig.

In der zweiten Phase, Leugnung bzw. Verweigerung, braucht es klare Informationen, denn die Leugnung ist der Versuch deines Kopfes, dich aus den starken Emotionen rauszuholen.

Du bist wie vorhin gesagt so überwältigt von dem, was du fühlst, dass dein Kopf die ganze Zeit sagt „Nein, das kann nicht sein, das kann nicht sein.“ Deshalb sind hier die Informationen so wichtig, deinen Kopf zu füttern.

An dieser Stelle ist auch entscheidend, wie gut du deine Emotionen im Griff hast. Je besser du mit deinen Gefühlen umgehen kannst, desto kürzer wird auch diese Leugnungsphase sein – weil dann der Beschützerdrang deines Kopfes weniger stark ist.

Dann geht es für dich schneller in die Phase der Wut. Wut ist ein sehr mächtiges Gefühl und ist wie gesagt der Versuch, die Kontrolle zurückzubekommen.

Wie wütend wir werden hängt unter anderem auch davon ab, wie wir erzogen wurde. Wir sind oft extrem konditioniert durch unsere Kindheit, in der wir vielleicht „bockig“ genannt wurden, wenn wir wütend waren, in der uns auch abgesprochen wurde, überhaupt wütend sein zu dürfen. Aber du darfst wütend sein! Und wenn jemand mit deiner Wut nicht umgehen kann oder dich versucht, in deiner Wut zu besänftigen, musst du das nicht hinnehmen.

Schaffe dir einen Raum, wo du die Wut rauslassen kannst. Du kannst deine Kissen vermöbeln, du kannst im Auto schreien, bis du heiser bist, du darfst auch richtig wütend sein auf all die Frauen, bei denen es so leicht klappt, die keine Vorstellung davon haben, was du gerade durchmachst. Das ist okay!

Wenn du so richtig wütend bist, bist du sehr aktiv, sehr „angeknipst“. Und gleichzeitig geht die Wut eben einher mit Trauer, mit Verzweiflung, mit krasser Unsicherheit, weil du einfach in diesem Moment nicht weißt, wie es weitergehen soll und wie du mit deinen Gefühlen klar kommen sollst. 

Du suchst nach Orientierung und du fragst dich „Was soll ich jetzt tun?“ Es geht darum, für dich herauszufinden, wie du jetzt eigentlich weitermachen sollst – du versuchst eben, die Kontrolle zurückzukriegen. Und in diesem Versuch, die Kontrolle zurückzubekommen, kommst du in die nächste Phase.

Beim Feilschen und inneren Verhandeln versuchst du, dich selbst zu beruhigen und deinen stärker werdenden Gefühle der Trauer und Verzweiflung mit Rationalität zu begegnen. Du versuchst Argumente zu finden, Gründe zu finden, warum das so sein „musste“, warum das „Sinn“ macht – auch wenn es eigentlich keinen Sinn macht.

Du versuchst, die Auswirkungen dieses Ereignisses zu minimieren, indem du dir beispielsweise sagst, dass das ja nicht heißen muss, dass es jetzt nicht mehr klappt – im Gegenteil. Du sagst Dinge wie „Na immerhin weiß ich jetzt, dass ich schwanger werden kann“ – und das ist oft leider auch das, was dein Umfeld dir sagt, weil sie mit deiner Situation nicht umgehen können. Du sagst solche Dinge mit dem Kopf – aber dein Herz ist einfach unglaublich traurig und verzweifelt.

Was dir in dieser Phase hilft, ist, dir bewusst zu machen, dass du mit dir verhandelst – dass das aber deine Versuche sind, dich selbst „aufzufangen“.  Du weißt mithilfe der Change-Kurve nun, dass als nächstes eine sehr emotionale Phase kommt, daher kümmere dich gut um dich und deine Gefühle. Suche dir jemanden, bei dem du sein kannst, wie du bist. Wo alles raus darf. Und suche dir Hilfe, wenn du alleine nicht durch diese Phase durchgehen kannst.

Denn in der Phase der Depression oder eben dem „Tal der Tränen“ geht es wirklich darum, zu trauern.

Trauer ist ein ganz, ganz wichtiger Prozess, denn du musst ja etwas loslassen. Wenn es ein geliebter Mensch ist, der gehen muss, haben die meisten Menschen in deinem Umfeld dafür Verständnis. Deutlich schwieriger wird das, wenn es sich um einen noch ungeborenen Menschen handelt. Das ist für viele weniger greifbar. Und aus irgendwelchen Gründen scheint es für dein Umfeld einen Unterschied zu machen, ob du in der 4. oder in der 12. Woche warst, wenn du dein Baby verloren hast. Je früher du noch in der Schwangerschaft warst, umso eher wird es meist vom Umfeld abgetan. Aber für dich macht das keinen Unterschied.. Denn du hast lange, möglicherweise sehr lange darauf hingefiebert, überhaupt endlich den ersehnten positiven Schwangerschaftstest in der Hand zu halten. Wenn du dein Baby verlierst, ist das für dich immer schmerzhaft, egal wann es passiert!

Wobei es natürlich auch Frauen gibt, und da denke ich auch an Frauen, die ich im Coaching begleitet habe, die eine stille Geburt durchstehen müssen. Von einer stillen Geburt spricht man, wenn ein Baby nach der 24. Schwangerschaftswoche ohne Lebenszeichen geboren wird oder vorher im Mutterleib verstirbt und anschließend geboren wird. Mit dieser Situation umzugehen stellt für die betroffenen Frauen einen wirklich unsagbaren Schmerz dar, und es ist so, so schwierig, da im Umfeld Menschen zu finden, die wirklich gut damit umgehen können.

Denn eine Sache muss dir in Bezug auf Trauer immer bewusst sein: die meisten Menschen vermeiden es nach einer gewissen Zeit, dich auf deinen Verlust anzusprechen. Was oft gut gemeint ist, so nach dem Motto „Ich will sie jetzt nicht wieder daran erinnern.“ ist oft vollkommen vorbei an der Realität gedacht. Denn Menschen, die intensiv trauern, denken sowieso super häufig an ihren Verlust. 

Mir hat das mal eine liebe Freundin geschildert, die ihren Ehemann verloren hat. Sie sagte, dass sie super dankbar ist, wenn jemand von sich aus mal über ihren Mann spricht. Sie hat das Gefühl, dass immer sie das Gespräch über ihn beginnen muss, und das ist sehr schwer, weil es immer wieder Überwindung kostet, sich auf Kommentare vorzubereiten wie „Irgendwann muss doch mal gut sein.“ oder „Das ist doch nun schon lange her – du musst wieder nach vorne schauen.“

Deshalb schau‘ natürlich gern auf dich, dass du ausreichend trauerst – und das kann sich ganz unterschiedlich zeigen und ist ganz, ganz individuell.

Aber schau auch mal, ob es in deinem Umfeld jemanden gibt, der einen Verlust erlitten hat und schon länger still ist zu dem Thema… Und vielleicht freut sich diese Person, wenn du anbietest, dass ihr gern mal wieder reden könnt.

Trauer braucht Trost.

Und das gilt auch für den Abschied von Dingen, die in unserer Vorstellung unser Leben lang existiert haben – die jetzt aber nicht eintreten. Das heißt, auch der Abschied vom klassischen Familienmodell ist oft mit tiefgreifender Trauer verbunden. Wenn ich mir das mein Leben lang vor meinem geistigen Auge vorgestellt habe, weil ich selber so aufgewachsen bin und das auch für mich wollte, aber dann feststelle, dass ich keinen Partner finde bzw. dass Partnerschaften in die Brüche gehen (was an sich ja auch schon jedes Mal wieder ein Trauerprozess ist), und wenn ich dann merke, dass mein Traum von der eigenen Familie, der Familie mit Mann und Kindern, nicht wahr wird.. Dann ist das mit sehr viel Trauer und Verzweiflung verbunden. Deshalb ist der Kinderwunschweg auch oft so schwer, weil die Frauen, die ihn beschreiten, nicht jubelnden Herzens losgehen, sondern weil sie oft genug noch gar nicht richtig fertig sind mit trauern, ihnen aber die Zeit im Nacken sitzt.

Und diejenigen, die noch nicht losgehen können, haben unterbewusst oft noch die Hoffnung, dass es eben doch auf den letzten Drücker noch klappt mit dem Traumprinzen und dem gemeinsamen Kind.

Wenn das bei dir so sein sollte, mache dir bitte bewusst, dass es möglicherweise daran liegt, dass du die Trauer nicht alleine bewältigt bekommst – und hol dir da Hilfe. Wir können das sehr gern auch zusammen machen. Die Infos zu meiner SOS-Sitzung findest du hier.

Wenn es in der nächsten Phase darum geht, sich mit möglichen Alternativen auseinanderzusetzen und sich immer mehr selbst auch auf anderen alternativen Wegen zu sehen, braucht es einerseits eine möglichst große Informationsbreite, denn das gibt deinem Kopf das Gefühl, alle Eventualitäten bedacht zu haben. 

Es braucht aber andererseits auch die positive Bestärkung, es braucht Austausch, es braucht für dich den Beweis, dass es auch anders geht.

Dafür ist z.B. die Solomutterschaft wirklich ein super Beispiel, denn dadurch, dass es immer mehr Frauen gibt, die über ihren Weg als Solomama bzw. Single-mom by choice berichten, wird es für Frauen, die sich neu mit diesem Weg beschäftigen, zu einer immer kleineren Hürde – weil sie die positive Bestärkung haben, dass es möglich ist

Es ist aber auch wichtig, Anerkennung aus dem Umfeld dafür zu bekommen, dass man sich a) überhaupt wieder mit Alternativen beschäftigen kann, und b) für die Lösungen, die man findet.

Und das ist der Knackpunkt bei z.B. den Frauen, die ihrem engsten Umfeld von ihrem geplanten Weg als Solomutter erzählen – und dann blöde Reaktionen bekommen. Dann kann es passieren, dass es wieder einen Dipp nach unten gibt.

Das ist übrigens auch noch mal ein wichtiger Punkt: in diesem Bereich zwischen „Alternativen testen“ und „Hineinfinden“ kann es natürlich auch noch mal Rückschläge geben, bis du dann schließlich bei der Akzeptanz ankommst.

Dies ist die Akzeptanz von dir selbst für deinen neuen Weg, auch wenn die positive Verstärkung und Bestätigung aus dem Umfeld wichtig ist. Es ist wichtig, hier innezuhalten und diese Veränderung, die du da vollzogen hast, zu feiern und dankbar zu sein! Das ist eine Weiterentwicklung, du hast Lösungen gefunden und gehst deinen Weg nun wieder mit mehr Selbstbewusstsein weiter!

 Wenn du durch eine krasse Phase durchgegangen bist, dann darfst du stolz auf dich sein, was du da geschafft hast! Und dankbar. 

Du darfst dir selbst dankbar sein und du darfst dankbar sein für all die Impulse, die kleinen Zufälle, die Zeichen, die dich an diesen Punkt geführt haben.

Deswegen – ich kann es gar nicht oft genug sagen – bin ich so ein Riesenfreund davon, Dankbarkeitstagebuch zu schreiben. Wenn du dir jeden Tag ein paar Minuten nimmst und dich kurz darin vertiefst, wofür du auch in den besch*ssensten Situationen dankbar sein kannst – und manchmal ist das echt nicht viel, das weiß ich – dann hilft dir das auf lange Sicht, dich aus dem Tal der Tränen schneller wieder nach oben durch die anderen Phasen zu arbeiten. 

Das ist auch der Grund, warum ich dir heute die Change-Kurve näher bringen möchte:  ich möchte, dass du siehst, dass es möglich ist. Dass es möglich ist, auch aus wirklich verzweifelten Situationen wieder rauszukommen.

Ich möchte dir zeigen, dass es normal ist, geschockt zu sein. 

Dass es normal ist, wütend zu sein.

Dass es normal ist, dass du versuchst, innerlich zu verhandeln und Dinge vor dir selbst zu rechtfertigen – um eben mit krassen Schocks umgehen zu können.

Und ich möchte dir zeigen, dass es absolut wichtig ist, auch ausreichend zu trauern und zu weinen, bevor es überhaupt möglich wird, über Alternativen nachzudenken und andere Wege zu beschreiten. Egal, was dein Umfeld darüber denkt.

Ich möchte dich aber auf noch einen Punkt aufmerksam machen. Das krasse ist: nicht nur auf dich trifft die Change-Kurve zu in deiner Kinderwunschzeit. 

Sondern – und das hilft dir vielleicht auch in der Vorbereitung auf wichtige Gespräche – auch bei z.B. deinen Eltern ist es möglich, dass sie durch diesen Prozess durchlaufen, wenn du ihnen erzählst, welchen Weg du planst. 

Wie intensiv das ist, ist sicher unterschiedlich, aber es hilft dir vielleicht für die Vorbereitung solcher Gespräche, dass es für dein Gegenüber möglicherweise erst mal ein Schock ist, was du ihnen da erzählst.

Was ich damit sagen will, ist: gib‘ diesen Beitrag bzw. die Podcastfolge super gern auch Menschen in deinem Umfeld zu lesen und zu hören, die eben möglicherweise selber erst mal geschockt waren und deshalb nicht so reagiert haben, wie du es dir gewünscht hast, und die nicht nachvollziehen können, was du gerade durch machst.

In diesem Sinne hoffe ich von Herzen, dass diese Folge nicht nur dir hilft, sondern auch den Menschen in deinem Umfeld. Ich freue mich riesig, wenn du mir Feedback da lässt – sehr gern auch als Angehörige*r!

 

Links zu dieser Podcast-Folge

Die Change-Kurve als PDF zum Download kannst du dir hier sichern: Zum Download hier klicken

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